Es hilft nur Aufklärung! Wir müssen uns unseren Vorurteilen stellen, in dem wir mit den Menschen sprechen, die vorverurteilt wurden, wegen der Historie, wegen Lügen, weil sonst niemand da war, auf den man seinen Hass übertragen konnte. Diesen März gibt es drei Living Libraries, weil wir nicht aufhören dürfen, Rassismus als Plage anzusehen - und nicht als Gegebenheit. 17.3.2024 Living Library in Sarnen 24.3.2024 Living Library in Stans 25.3.2024 Living Library in Zug
Die Idee von «Living Library» stammt aus Dänemark, wo entsprechende Veranstaltungen im Jahre 2001 zum ersten Mal stattfanden. Seit 2003 wird das Konzept als Teil eines vom Europarat geförderten Jugendprogramms breit beworben und gefördert. «Don't judge a book by its cover» - beurteile ein Buch nie nach seinem Umschlag. So steht es in George Eliots 1860 publizierten Roman «Die Mühle am Floss», den es seit Jahren nur noch in einer schmucklosen Reclam-Ausgabe zu kaufen gibt. Eine Weisheit aber auch, die man aus jeder guten Bibliothek kennt und die man sich - in Bezug auf Vorurteile gegenüber Menschen - generell zunutze machen kann. Der Kanton Zug unterstützt die «Living Library» im Rahmen des Integrationsprogrammes, das er jeweils mit dem Bund vereinbart. Der Anlass entsteht in Zusammenarbeit mit dem kantonalen Sozialamt und der Bibliothek Zug. Living Library ist eine öffentliche Veranstaltung. Anstelle von Büchern leiht man an einer Living Library Menschen für ein Gespräch aus. Die Teilnahme an einer Living Library ist für den Besucher kostenlos. Die Bücher erzählen «ehrenamtlich». Sie leisten damit einen Beitrag am kulturellen Austausch und setzen sich für mehr Menschlichkeit und gegen Vorurteile ein.
Dürfen die Besucher das Buch alles Fragen? Grundsätzlich ja. Wenn dem Buch eine Frage zu persönlich ist, dann sagt es das. Die meisten Bücher sind aber sehr offen und machen bei der Living Library mit, weil sie direkte Fragen mögen. Man muss aber beim Thema bleiben. Das Gespräch dreht sich um den Buchtitel, um diese besondere Facette der Persönlichkeit. Können auch mehrere Personen ein Buch zusammen ausleihen? Bei der Living Library geht es um persönliche Gespräche zwischen zwei Menschen. Die Idee ist, dass man sich nicht einfach anhört, was das Buch zu erzählen hat, sondern sich aktiv in die Diskussion einbringt. Es ist aber auch ein Gespräch zwischen mehreren Personen möglich, wenn das Buch einverstanden ist. Was bringt das den Büchern? Die Bücher machen bei einer Living Library mit, weil sie es spannend finden, wie sie von Fremden wahrgenommen werden. Sie interessieren sich für die Fragen der LeserInnen. Was haben die Buchtitel auf der Liste gemeinsam? Es sind Menschen, denen gegenüber Neugier in der Bevölkerung besteht, meistens weil sie politisiert oder tabuisiert werden. Sind die Bücher repräsentativ für ihre Personengruppe? Nein. Wichtig sind die persönlichen Lebensgeschichten. Bei der Living Library steht die Begegnung im Vordergrund, die eine Stereotypisierung immer aufbricht. Ich habe keine Vorurteile gegen andere Menschen. Reduziere ich so das Buch nicht auf etwas? Der Buchtitel ist für die Bücher meistens ein wichtiger Teil ihrer Persönlichkeit. Und sie haben kein Problem damit, wenn sich jemand für diesen speziellen Hintergrund interessiert. Sich zu informieren, neugierig nachzufragen, ist für die Bücher wichtig und sinnvoll, besser – als hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln.
Antonio kam als Minderjähriger aus Eritrea in die Schweiz. Ein Schwarzer unter Schweizern. Ein junger Schwarzer, der bestimmt mit Drogen handelt, Frauen belästigt und von Sozialhilfe lebt, so die Vorurteile, die ihm seither begegnen. Dass er mal von einem Schweizer angesprochen wird, einfach so... «sehr selten», sagt er. «Kaum einen interessiert, wie es uns Eritreern geht oder möchte mit uns zu tun haben». Antonio machte eine Lehre, arbeitet 100% als Logistiker, er lernte eine Eritreerin kennen und ist heute verheiratet und Vater eines einjährigen Sohnes. Zu dritt leben sie zur Untermiete in einem Zimmer. «Ich habe nur in schlechten Wohnungen gelebt», sagt er. Etwas anderes bekomme ich nicht. «Lesen Vermieter, woher ich komme, werde ich vom Bewerberstapel aussortiert.»